In manchen Cafés bekommt man ihn zu trinken: einen Pharisäer. Das ist dann in der Regel ein Kaffee mit einem Schuss Rum. Den Alkohol in der Tasse sieht und ahnt man nicht, und das ist der Witz an der Sache. Pharisäer, so beschimpft man oft scheinheilige Menschen, die hohe ethische Ansprüche an das Handeln anderer stellen, aber selbst nicht einhalten. Und die sich obendrein für »etwas Besseres« halten.
Dieses Bild der Pharisäer wurde in den christlichen Kirchen über Jahrhunderte gepflegt, wird ihnen wohl aber nicht ganz gerecht. Auf jeden Fall wird man dieser jüdischen religiösen Partei oder Strömung zur Zeit Jesu ihren religiösen Ernst zugute halten müssen. Den hat Jesus auch nicht angegriffen. Allerdings hat er ihre rein formale Einhaltung der unzähligen Gesetzesvorschriften und ihr Streben nach ritueller Reinheit gegeißelt, schließlich ihre Neigung, sich in ihrem religiösen Eifer über ihre Mitmenschen zu erheben.
Die Frage, mit der sie Jesus auf die Probe stellen wollen, ist »typisch pharisäisch«: »Welches Gebot im Gesetz ist das wichtigste?« Seine Antwort in Kurzfassung: Gottesliebe und Nächstenliebe – also nicht Vorschrift, sondern die Liebe. Wenn man das weiß, weiß man genug.
Mt 22,34-4
Vom »ungläubigen« Thomas redet man in christlichen Kreisen geradezu sprichwörtlich. Auch die Geschichte, die sich mit seinem Namen verbindet, ist durchaus populär. Nicht wenige nehmen sie gerade deshalb mit besonderer Sympathie auf, weil ... ...