Ein salomonisches Urteil

Es kommt nicht so häufig vor, aber gelegentlich wird auch heute noch jemandem nachgesagt, ein »salomonisches Urteil« gefällt zu haben. Gemeint ist damit eine Entscheidung, die so weise ist wie die, die einst König Salomo fällte.
Der zweite Sohn des Königs David darf wohl als der berühmteste der Könige des alten Israel gelten. Er hat den Thron zwar in einem Staatsstreich bestiegen, aber die Nachwelt sprach meist respektvoll von ihm. Denn er hat das Reich Israel zusammengehalten, einen großen Tempel bauen lassen und galt als musisch talentiert: die Tradition hielt ihn deshalb für den Verfasser einiger biblischer Bücher.
Berühmt sind auch seine richterlichen Entscheidungen. Am bekanntesten ist das Urteil des Salomo im Streit zwischen zwei Frauen, die beide behaupteten, die Mutter einunddesselben Neugeborenen zu sein. Da keine Zeugen die Entscheidung erleichtern, gibt er die Anweisung, das Kind mit dem Schwert zu teilen, so dass jede eine Hälfte bekomme. Da zeigt sich die wahre Mutter: Sie verzichtet – damit das Kind am Leben bleibt. Die Bibel übrigens schreibt die Weisheit nicht Salomos eigener Leistung zu, sondern sagt: »Die Weisheit Gottes war in ihm.«
Das Theaterstück »Der kaukasische Kreidekreis« nimmt das Motiv der wahren Mutter in abgewandelter Form auf.

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